Schmutzkampagne? Persönlicher Faktencheck.
In den letzten Tagen kam am Rande immer wieder die Frage auf, wie man sich u.a. zur Internetseite „GeselligeWahrheiten“ positioniert. Jüngst forderte seine Wählerinitiative zur Stellungnahme und Distanzierung auf. Zu anderem habe ich mich bereits geäußert. Den Umgang alles in einen Topf zu schmeißen mit dem zu schnellen Abtun von jeder Kritik als Schmutzkampagne finde ich vorschnell. Problematisch finde ich daran vor allem die Zuspitzung auf eine Person ohne Beachtung des Kontext. Natürlich muss sich ein:e Amtsträger:in an ihren Taten messen lassen. Ich habe mich in diesem Wahlkampf um einen inhaltlichen und politisch fairen Wahlkampf bemüht. Da nun mehrfach eine Stellungnahme gewünscht wurde, komme ich dem nun hiermit nach – inhaltlich und aus meiner Sicht. Ich werde jedoch nicht auf alle Punkte eingehen, sondern nur beispielhafte einzelne, bei denen ich die Kritik teile und andere, bei denen ich die Kritik zu einfach finde, nennen.
Zu: „Blockade demokratischer Beschlüsse“
Es stimmt, dass seit 2019 auf die Grünsatzung gewartet wird. In der Öffentlichkeit hört man einerseits, dass die Verzögerung am Rechtsamt liege (Version Nolda) oder am Umwelt- und Gartenamt (Version Geselle). Wer von beiden Recht hat, kann ich nicht sagen. Wenn sich zwei Dezernenten nicht einig werden, fände ich es nur fair, wenn offen debattiert wird, welche Punkte noch offen sind und den Stadtverordneten als oberstem Gremium zur Auswahl gestellt werden. Sie sind das oberste Gremium und haben den Magistrat damit beauftragt. Und als Stadt brauchen wir die Grünsatzung. Nach meiner Kenntnis liegt ein Knackpunkt darin, wie sehr man auf den Bestand einwirken kann. Je länger wir warten, desto mehr Flächen werden nicht mehr anzupassen sein.
Ein weiteres Beispiel ist das Gremium zur Überprüfung der Straßennamen, das vor der letzten Kommunalwahl beschlossen wurde unter Leitung von Prof. Büschel. Bisher hat es sich kein einziges Mal getroffen und es wurde eine andere Leitung im Magistrat bekannt gegeben. Diese Zeitverzögerung verhindert die Umsetzung von Beschlüssen. Ich finde, hier kann man zu Recht von Blockade sprechen.
Zu: „Städtepartnerschaften“
Städtepartnerschaften sollten gepflegt werden und bieten auf kommunaler Ebene gute Möglichkeiten des Austausches. Wir hatten als LINKE zumindest zuletzt Genoss:innen aus Arnstadt zu Besuch. Sie wünschen sich eine stärkere Belebung der Städtepartnerschaft durch konkrete Projekte, gerade in diesem Jahr des 35-jährigen Jubiläums. Denn auch nach über 30 Jahren deutsche Einheit sind sie wichtig um das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Zu: „Eishallen-Blamage“
Etwas komplexer als dargestellt ist es bei der Eishalle schon. OB Geselle verkündete zwar das Projekt der zweiten Eishalle, doch hätte es sofort in der Versenkung verschwinden können, wenn kein Aufstellungsbeschluss beschlossen worden wäre. Als Linke haben wir unsere Kritik von vorneherein daran geäußert. Das oberste Gremium ist die Stadtverordnetenversammlung. SPD und Grüne haben erst ermöglicht, dass inzwischen ein hoher sechsstelliger Betrag für die Planung ausgegeben wurde, die nun endlich begraben ist. Diese Blamage einseitig auf eine Person zu schieben, verkennt, was dazu geführt hat, dass der Planungsprozess überhaupt erst starten konnte, weil er breit gestützt wurde.
U.A. Antrag der LINKEN zur Eissporthalle zu Beginn der Debatte:https://linksfraktion-kassel.de/antraege-und-anfragen/1429-planungsgrundlage-zweite-eisfl%C3%A4che-erstellen
Zu: „Kopf hoch 1 und 2“
Die Kritik an beiden Programmen teile ich. Während zu Beginn der Corona Pandemie manche Abrechnungsmodalitäten vielleicht noch schwieriger abzusehen waren, war spätestens bei Beschluss des EEG klar, dass die Anrechenbarkeit für die Ärmsten wahrscheinlich ist. Als LINKE hatten wir dies mehrfach thematisiert und Alternativen vorgeschlagen. Beide Programme hätte es aber nicht gegeben, wenn sie von den Stadtverordneten trotz Wissen um die rechtliche Unklarheit nicht gestützt worden wären. Damit möchte ich keineswegs OB Geselle verteidigen. Gerade beim EEG hat er es im Alleingang vorgeschlagen und als beschlossen hingestellt statt zuerst einen demokratischen Diskurs zu suchen. So wurden auch die Beiräte informiert und mit Falschaussagen zur Nichtanrechenbarkeit gewonnen, noch bevor es im Ausschuss diskutiert wurde. Aber auch das wäre nicht möglich gewesen, wenn die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung ihre Aufgabe der Kontrolle ernst genommen hätte. Bis heute, hat man dazu keine Entschuldigung gehört, sondern im Nachhinein hieß es lediglich, dass Transferleistungsempfänger:innen ja nicht die Zielgruppe gewesen seien.
Bereits zu Kopf hoch 1 hatten wir übrigens folgenden Änderungsantrag, um gerade Transferleistungsempfänger:innen anrechnungsfrei (!) zu unterstützen.
Zu: „Documenta Institut“
Auch hier ist es etwas komplizierter. Die Zuständigkeit zumindest von der öffentlichen Wahrnehmung lag lange Zeit vor allem bei dem Baudezernent Nolda. Der Standort Parkplatz am Karlsplatz wurde schließlich in der Zeitung verkündet und alternativlos präsentiert. Die Koalition zog dabei bereitwillig mit. Bis zuletzt hatte der Baudezernent diesen Standort für das Institut verteidigt. Das Documenta Institut war jedoch von Anfang an ein sehr holpriges Projekt. So hatten wir als Linke schon 2017 kritisiert, dass es konzeptlos startet. Als Geselle es mit dem Ruruhaus und dem „Bürgerrat“ an sich zog, war dies der Versuch mit dem Kopf durch die Wand vor der documenta einen Standort zu präsentieren statt Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten.
https://linksfraktion-kassel.de/pressemitteilungen/1756-schluss-mit-der-basta-politik
Dies sind nur einzelne Beispiele der Internetseite aus der Amtszeit von OB Geselle. Kritik und sachliche Auseinandersetzung zu den Punkten muss erlaubt sein. Dies alles als Schmutzkampagne zu diffamieren, greift eindeutig zu kurz, um von Inhalten abzulenken. Dass dies nun sogar von der Wählerinitiative zum Hauptwahlkampfthema genommen wird, ist für die wichtigen Themen der Stadt höchst bedauerlich.
Es wirft ein schlechtes Licht auf den Zustand der Demokratie, wenn beim Karneval als Geselle verkleidete Klimaaktivisten von der Rathaustreppe entfernt werden oder beim Klimastreik von Polizisten die Rathaustreppe gesperrt wird, damit kein offener Brief eingeworfen wird.
Und dennoch konnte diese Machtfülle nur entstehen, weil sie von SPD und B90/Grünen lange Zeit getragen und mit verteidigt wurde. Hier alle Fehler der Koalition (Eissporthalle, Privatisierung Seniorenhaus, fehlende Verkehrswende und Verfehlung des Ziels Klimaneutralität 2030 etc…) auf eine Person zu schieben, ist zu einfach dargestellt.
Aus meiner Sicht kann es daher am 12. März nur heißen: Radikal sozial